Erschienen in der spanischen Zeitung „Cambio 16“ am 09. Januar 2012
„Die Terroristen der M-19 haben angesichts des Friedensangebotes dennoch die Gewalt gewählt“
Man sagt, dass die kolumbianische Armee hinter dem Angriff auf den Justizpalast im November 1985 in Bogotá stehen würde. Auch hat man spekuliert, dass der Überfall im Einvernehmen mit dem Drogenhändlern stand, um deren Auslieferung in die Vereinigten Staaten von Amerika zu verhindern. Sicher ist, dass die M-19 mit Drogengeldern finanziert wurde.
Verhaftet, angeklagt und verurteilt für die Ereignisse im Justizpalast, geschehen im November 1985. General Armando Arias Cabrales war der Militär, der in Ausführung der Befehle, die von den politischen Institutionen Kolumbiens gegeben wurden, die Operation geleitet, koordiniert und an die 300 Geiseln befreit hat. Niemand wurde dafür gerichtlich zur Verantwortung gezogen, aber dennoch als letztes Glied in der Befehlskette weist man ihm das angebliche Verschwinden lassen von Personen zu, was er mit Überzeugung verneint und was ihn zu einem Beschuldigten seines Landes macht, ungeachtet dessen, dass die Terroristen, die den Holocaust im Justizpalast geplant haben, sich heutzutage auf freiem Fuß befinden und sich aller Privilegien erfreuen, wie beispielsweise der Besetzung wichtige politische Ämter.
In welchem Kontext erfolgte der Angriff auf den Justizpalast, und ist es wahr, dass der damalige Präsident der Republik, Belisario Bentancur, von der Armee „festgehalten“ wurde?
Man hat viel darüber spekuliert, dass es einen Staatsstreich gegeben hätte, aber unter Berücksichtigung der Tradition der kolumbianischen Armee und ihrer langen Geschichte, hat diese stets im Sinne der Verfassung und des in Kolumbien geltenden Rechts agiert. Zweifelsfrei gab es zu dieser Zeit schwierige Situationen die mit der öffentlichen Ordnung zu tun hatten, denn es gab terroristische- und Guerillaorganisationen, die das demokratische System bedrohten, unter ihnen die Bewegung M-19, die mit der Regierung in Friedensverhandlungen über ihre Wiedereingliederung in die kolumbianische Politik stand.
Es herrschte enorme Großzügigkeit seitens der Institutionen, insbesondere seitens des Präsidenten, der bereits einen Großteil der inhaftierten Mitglieder (der M-19) aus dem Gefängnis freigelassen hatte, was jedoch keine Resonanz bei den Terroristen fand, die ihre strategischen Strafhandlungen mit indifferenten Terroranschlägen weiter ausführten. Zu denen zählten Mord, Entführung, Erpressung... Sie attackierten sowohl die öffentlichen Ordnungskräfte als auch jeden Bereich der Zivilbevölkerung, angefangen von den Betrieben bis hin zu den wehrlosen Bürgern. Die M-19 hat sich für die Gewalt entschieden während die Regierung ihnen die Hand gereicht hatte um Frieden zu suchen.
Über die dramatischen Abläufe im Justizpalast existieren offizielle Dokumente der Regierung und der Präsidentschaft, die bemerkenswerte Aktivitäten der Institutionen belegen, in dem Versuch diese Beleidigung, was der Angriff auf das oberste Justizzentrum darstellte, zu beenden. Später hat der Präsident die gesamte Verantwortung „ungeachtet der Konsequenzen“ für die Aktionen die zur Beendigung des Angriffs notwendig waren, übernommen. Ich denke die Guerilla hat die Erwartungen der kolumbianische Gesellschaft betrogen und am meisten die Institutionen, die Vertrauen darin hatten, einen erfolgreichen Friedensprozess auf den Weg gebracht zu haben nach der erlassenen Amnestie von Präsident Betancur.
Ist es wahr, wie einige sagen, dass der Überfall auf den Justizpalast zu erwarten war?
Es gab einige Informationen über einen Plan der M-19 den Justizpalast anzugreifen der mit dem geplanten Besuch des französischen Präsidenten im Oktober 1985 in Zusammenhang stand: so war es möglich die Sicherheitsvorkehrungen zu verschärfen und es wurden mehr Polizisten ins Justizgebäude geschickt. Aber Anfang November wurden diese Kräfte wieder abgezogen und es kehrte Normalität ein. Dennoch war das Klima angespannt, denn viele Richter wurden von den Drogenhändlern bedroht, den sogenannten Auslieferbaren. Sie wollten unter keinen Umständen in die Vereinigten Staaten von Amerika ausgeliefert werden um dort unter Anklage gestellt zu werden. Sie versuchten ihre Auslieferung und Prozessierung zu verhindern, um weiter Straflosigkeit zu genießen und argumentierten damit: „Ein Sarg in Kolumbien ist mehr wert als eine Gefängniszelle in den Vereinigten Staaten“.
Aber es gibt ein Argument, dass die These, die Armee hätte den Überfall auf den Justizpalast durch die M-19 begünstigt, vollkommen widerlegt. Es ist der Fakt, dass der Kommandant der Armee, General Samudio Molina, den die M-19 bereits versucht hatte zu ermorden, sich an diesem Tag bereits innerhalb des Gebäudes aufgehalten hat, genau gesagt um 10:00 Uhr morgens. Zu diesem Zeitpunkt waren die Mitglieder der M-19 bereits im Justizpalast. Was für ein Zufall das man ihn (General Samudio) eine halbe Stunde vor dem gewaltsamen Angriff einfach aus dem Gebäude hinausgehen ließ. Es gab keine Zwischenfälle, aber auch keine speziellen Sicherheitsvorkehrungen. Wie hätte es diesen Angriffsbefehl und die Kreation dieser Falle geben können, wenn der Armeeoberbefehlshaber höchstpersönlich im Gebäude anwesend war? Diese Theorie ist total unlogisch und widerspricht der Anwesenheit die ich eben erwähnte.
Stand wirklich der Drogenhandel, genauer gesagt Pablo Escobar, hinter diesem abgekarteten Spiel an dem sich die Terroristen sich beteiligt haben?
Seitdem die Untersuchungen darüber aufgenommen wurden gab es diese Theorie. Auch die in Kolumbien gut bekannte Fernsehmoderatorin und Journalistin Virginia Vallejo, die Geliebte und Freundin von Pablo Escobar war, hatte schon den Drogenboss und die Anführer der M-19 beschuldigt, sich getroffen zu haben um den Plan für den Überfall auf den Justizpalast vorzubereiten. Es gab auch andere Beschuldigungen aus dem Milieu des Verbrechens wie beispielsweise von dem bekannten Drogenhändler alias Popeye, der bekräftigt, dass es dieses Treffen zwischen der M-19 und Pablo Escobar gab um die terroristische Aktion zu planen und zu finanzieren, die dazu führen sollte, die Untersuchungsunterlagen für die Vorbereitung der Auslieferung der Drogenhändler zu vernichten. Es ging hier darum die Justiz lahm zu legen und Zeit zu gewinnen, damit das Auslieferungsabkommen zwischen den Vereinigten Staaten und Kolumbien nicht zustande kommt. Das Medellinkartell, dem Pablo Escobar angehörte, scheint aller Wahrscheinlichkeit nach hier der intellektuelle Urheber des Überfalls auf den Justizpalast zu sein. Auch gibt es Beweise, dass die Guerilla Waffen von den Sandinisten erhalten hatte und es gab auch ein Mitglied dieser nikaraguanischen Gruppe, das bei dem Überfall dabei war; viele der Waffen die für den Überfall genutzt wurden stammten aus Nikaragua, von der ehemaligen Somoza-Garde oder direkt von der Regierung in Managua gekauft.
Können Sie mir sagen, wie sich dieser unheilbringende Tag des 6. November für Sie abgespielt hat?
An diesem Tag hatte ich eine ganz normale vorschriftsmäßige protokollarische Sitzung über militärische Angelegenheiten. Und als ich gerade dort war, hörte ich eine Information aus dem Radio, dass es eine atypische Situation im Umfeld des Justizpalastes gab, auf dem Bolivarplatz. Sehr viel später, ich war bereits in meiner Kaserne, erhielt ich mehr Informationen über die Ernsthaftigkeit der Vorkommnisse. Wir quartierten uns ein und hielten uns bereit um auf die Befehle zu warten und zu agieren. So begannen die Vorbereitungen und wir erhielten die ersten Befehle für die vorgesehene Planung, wie zum Beispiel der Armeeplan Tricolor. Von Anfang an war das Ziel klar: Rückeroberung des Justizpalastes, Rettung der Geiseln und Wiederherstellung der Normalität im Land nach einem Vorfall der vollkommen aus den Fugen geraten war.
War der derzeitige Präsident Belisario Betancur die ganze Zeit über der Oberbefehlshaber und kontrollierte die Situation?
Mein unmittelbarer Ansprechpartner war der Armeekommandant und soweit ich weiß erhielten wir die gesamte Zeit über klare Befehle vom Präsidenten der Republik um einzugreifen und diese regelwidrige Situation zu beenden. Unter Berücksichtigung der Hierarchie habe ich allerdings nie selbst mit dem Präsidenten gesprochen. Man hat uns in aller Deutlichkeit darüber informiert, den Befehlen der Regierung zu folgen, so wie es auch einige Minister in ihren Darlegungen und Büchern bestätigt haben und auch wie es in der Regierungsdokumentation des Tages aufgezeichnet ist. Die Landesregierung hat die Leitung der Situation übernommen und das Militär hat die erteilten Befehle ausgeführt, so wie es unsere Tradition ist. Niemals gab es eine Einmischung seitens der politischen Machthaber um das Militär an die Befehlsspitze zu bringen um die Befreiung des Justizpalastes durchzuführen, obgleich sich der Bruder des Präsidenten, Jaime Betancur, und die Ehefrau eines Ministers als Geiseln in dem Gebäude befanden. Vorrang für die Regierung hatte es, die Ordnung wieder herzustellen und die Geiseln zu retten; die Normalität musste wieder einkehren und es musste verhindert werden, dass den Anweisungen der Terroristen der M-19 Folge geleistet wurde. Man darf nicht vergessen, dass die M-19 darauf Anspruch erhob, dass der Präsident sich in den Justizpalast begeben sollte um sich einem „Gericht“ der Terroristen zu stellen, etwas vollkommen Unzulässiges und für das Land inakzeptabel. Sie hatten vor, ihn vor eine Revolutionsgericht zu stellen, einer Art juristischer Farce um ihm seine Legitimierung abzusprechen, weil er angeblich den Friedensprozess verraten hätte und ihn so nachfolgend vor dem Land herabzuwürdigen.
Weshalb hat der Präsident sich geweigert mit der M-19 zu verhandeln und hat die Anrufe aus dem Gebäude nicht angenommen?
Der Präsident hat in seiner Ansprache am Folgetag sehr deutlich gemacht, dass die Souveränität des Landes nicht verhandelbar ist und dass er verpflichtet ist seine verfassungsmäßigen Funktionen und Pflichten zu erfüllen, hinzielend auf die Wiederherstellung der Rechts- und politischen Ordnung im Land. Er hat sich geweigert mit dem Präsidenten des Obersten Gerichtshofes, Alfonso Reyes Echandia, zu sprechen, da dieser unter Bedrohung der Terroristen stand und ihren Anweisungen folgen musste. Dann kam der nächste Tag, der 7. November , der Präsident hatte beschlossen, dass sich einen Vertreter vom Roten Kreuz zum Justizpalast begibt und eine Botschaft an die Gruppe überbringt, die die Geiseln in ihrer Gewalt hielten. Er ist mit einem Megafon reingegangen und erhielt angemessenen Schutz damit er nicht verwundet wird und begann damit die Botschaft des Präsidenten zu überbringen. Wissen Sie was die Antwort war? Die Terroristen begannen zu schießen um die Botschaft zu übertönen, dass war ihre Einstellung zu Verhandlungen: Waffengewalt. Man hat mir die Botschaft übergeben, die der Vertreter des Roten Kreuz bei sich hatte und dieser verschwand auf nimmer Wiedersehen nach seiner missglückten Mission.
Man sagt, dass der damalige Präsident bisher noch nicht das letzte Wort gesprochen hätte, ist das so?
Einige dem Präsidenten nahestehende Personen vermuten, dass die Möglichkeit besteht, dass er ein Buch schreibt, eine Art Testament über die damaligen Ereignisse.
Einige Male haben sie selbst mich aufgesucht mit der Bitte um Informationen die ich darüber habe. Ich glaube, sollte dieses Testament oder Buch einmal veröffentlicht werden, wird es nach seinem Tod sein.
Weshalb werden nicht die Politiker die Entscheidungen zu den Operationen getroffen hatten vor Gericht gestellt, sondern Militärangehörigen wie Sie?
Es wurden verschiedenen Untersuchungen vom Gesetzgeber vorgenommen und sowohl der Präsident als auch der damalige Verteidigungsminister wurden von jeglicher Schuld freigesprochen, weil keine substantiellen Beweise dafür gefunden wurden um sie für die Vorgänge unter Anklage zu stellen.
Daraus schlussfolgerte man, dass keine Verantwortung bestand und nahezu alle in der Befehlskette wurden gleichfalls von jeglicher Verantwortung freigesprochen. Zusammenfassend gesagt, es ist unverständlich, dass zwei der Verantwortlichen, aus dem untersten Glied der Befehlskette für die Vorkommnisse verhaftet wurden.
Wer war für die Geiseln während und nach der Befreiung verantwortlich?
Im Museum „Museo del Florero“, einem historischen Gebäude in der Innenstadt Bogotás wurde eine Polizeizentrale zur Koordinierung der Operationen errichtet. Viele der Geiseln wurden dorthin gebracht um ihre Identifizierung vorzunehmen und man hat diejenigen die Hilfe benötigten, dort betreut, denn es gab sehr viel Verletzte. Diese Funktionen wurden am 6. und 7. November unter dramatischen und schwersten Umständen ausgeführt, wenn man bedenkt in welchem Zustand viele der Geiseln waren. Insgesamt wurden 265 Geiseln gerettet, das darf man nicht vergessen. Die Polizei trug die Verantwortung für die Aufsicht der befreiten Geiseln und die Militärangehörigen sind nach der Befreiung des Justizpalastes am 07. November zurück in ihre Quartiere.
Die Armee trägt keine Verantwortung für die Vorkommnisse nach dem Angriff und für einige fahrlässige oder fehlerhafte Maßnahmen die beim Umgang mit den sterblichen Überresten im Inneren des Justizpalastes erfolgten.
Wurden die Identifizierungsmaßnahmen der Opfer und der Geiseln mit ausreichender Verantwortung und in effizienter Weise vorgenommen?
Es gab Irrtümer oder Fehler, dass kann ich Ihnen versichern, diese wurden auch von einigen Leuten, die mit den Untersuchungen nach dem Angriff beauftragt waren, bestätigt.
Die Identifikation wurde erschwert, da die Überreste der verbrannten Leichen nicht gut vorgenommen wurde. Auch wurden viele Beweise von den Feuerwehrleuten bei der Löschung der Brände, die von den Terroristen verursacht wurden, zerstört.
Auch muss man berücksichtigen, dass viele Leichen aufgrund der Verbrennungsgrade nicht zu identifizieren waren und in einem Massengrab beigesetzt wurden, dass wesentlich später auf juristische Anordnung hin exhumiert wurde. Man darf auch nicht vergessen, dass es in dieser Epoche noch nicht die wissenschaftlichen Möglichkeiten gab, die man heute besitzt.
Gab es während der Vorfälle eine gute Koordination zwischen den verschiedenen Sicherheitskräften und der Armee?
Unter Berücksichtigung ihrer eigenen schwierigen Situation kann man sagen, dass die Polizei mit Schnelligkeit und Verantwortung agiert hat. Einer der ersten Opfer war ein Polizeileutnant, der sich dort einfand als die ersten Schüsse im Justizpalast losgingen, die Terroristen hatten bereits begonnen Zivilisten, die dort arbeiteten, zu ermorden und zu verwunden.
Als die Armee auf dem Bolivarplatz ankam, war die Polizei bereits dabei zu versuchen die Ordnung wieder herzustellen und die Situation, die später in einer Tragödie ausuferte, zu bewerkstelligen; es gab eine gute Koordination zwischen allen Institutionen und anwesenden Kräften in diesem Konfliktszenarium, einschließlich der Feuerwehr.
Glauben Sie, dass der damalige Präsident sich der Umstände voll bewusst war?
Ich denke die M-19 unterlag dem Irrtum, dass sie die Erfahrung die sie bei der Besetzung der Botschaft der Dominikanischen Republik gemacht hatten, wiederholen konnten. Bei dieser Gelegenheit hatten sie Erfolg, sie erhielten Geld und konnten sich mit Hilfe der kommunistischen Autoritäten nach Kuba absetzen. Sie erhielten alles was sie verlangten und gingen siegreich daraus hervor. Die M-19 dachte, dass sie das mit dem Überfall auf den Justizpalast wiederholen könnten, dass belegen die Dokumente die man bei ihnen aufgefunden hatte. Sie haben offen von der Vernichtung gesprochen und haben Waffen für einen wesentlich längeren Zeitraum reingebracht, genau wie sie es in der Dominikanischen Botschaft getan hatten. Womit sie nicht gerechnet hatten war die Reaktion der Regierung, diese Entschlossenheit nicht zu verhandeln und sich den Terroristen unterzuordnen. Außerdem möchte ich hervorheben, dass es in den zwei Tagen vollkommende Informationsfreiheit gab und man hat die Medien frei arbeiten lassen und ihnen alle möglichen Garantien gewährt. Die Transparenz war total, es gab keinerlei Einschränkungen.
Wie ist es möglich, nachdem man den Fall des Justizpalastes bereits abgeschlossen hat, dass er wieder eröffnet wurde und sie verhaftet wurden?
In erste Linie liegt das daran, dass die Vorkommnisse von der Militärdienstausübung getrennt wurden, in dessen Rahmen sie bereits juristisch untersucht wurden. Und so wurde sie vom Militärgerichtsstand zu einem Fall für die Ziviljustiz, so als ob die Befehle nicht von den zuständigen Institutionen gekommen wären, was vollkommen fehlerhaft ist. Man sagt, die Fakten wurden gewichtet und interpretiert wie etwas, dass sich weit weg von dem befindet, was unsere Aufgabe zu diesem Zeitpunkt war, was ohne jeden Zweifel zum Bereich der Militärjustiz gehört und die Vorgänge wurden quasi wie eine persönliche Entscheidung unsererseits behandelt, frei von jeglicher Institutionalität. Was wir getan haben war zweifelsfrei ein Dienst zur Verteidigung des Staates, der sich in diesem Moment in Gefahr befand und wir haben den Befehl ausgeführt den man uns von den zuständigen Institutionen aus gegeben hat in diesen tragischen Momenten. Außerdem sind im Fall eines Generals oder Admirals, wie auch bei anderen Staatsautoritäten, diese Vorfälle von der Generalstaatsanwaltschaft zu untersuchen, und der Oberste Gerichtshof ist die Institution, die das Urteil zu sprechen hat und nicht ein einfacher Zivilrichter. Unsere Untersuchung wurde nicht unter dieser Regelung gestellt und belegt somit die Unkenntnis des eigenen Rechtssystems.
Die Vorfälle vom Justizpalast sind im Jahr 1985 passiert und uns wirft man das gewaltsame Verschwinden lassen von Personen vor, was ein Straftatbestand ist, der erst im Jahr 2001 in das kolumbianische Strafrecht aufgenommen wurde; man setzt bei uns rückwirkend einen Straftatbestand an, was entgegen jeder Rechtsprechung weltweit steht. Ein anderer wichtiger Aspekt ist, dass bereits Untersuchungen der Fakten von Amts wegen durchgeführt wurden und keine weiteren Untersuchungen durchgeführt werden müssen, denn sie haben keine Delikte gefunden und außerdem gab es bereits den Freispruch. Die Militärjustiz hat ein Urteil verkündet, das es keine Verantwortlichkeit und keine Delikte der Verantwortlichen gibt, die vor Gericht zu bringen wären, wir wurden entlastet und dann werden wir aufs neue untersucht. Sie werfen uns Dinge vor die zum Zeitpunkt des Angriffs auf den Justizpalast nicht existierten und die außerdem schon untersucht und abschließend geurteilt wurden. Und heute werden wir erneut prozessiert und verurteilt. Sie haben jegliches universelles Recht verletzt indem sie einen Sachverhalt zum zweiten mal prozessieren und sämtliche bereits vorhandenen Untersuchungen und Urteile ignorieren.
Weiterführend ist nach kolumbianischem Recht ein Delikt nach 20 Jahren verjährt und die Verantwortlichkeit ebenso. Sie haben den Fall wieder aufgenommen weil sie davon ausgehen, dass es sich um ein Delikt der Verletzung der Menschenwürde handelt und das in solchem Fall keine Verjährung eintritt, wie beim gewaltsamen Verschwindenlassen, das, wie ich schon sagte, erst seit 2001 existiert und nicht im Jahr 1985. Es war die Staatsanwaltschaft die den Fall wiedereröffnet hat, ohne Berücksichtigung der bereits gemachten Untersuchungen der kolumbianischen Institutionen in diesen Jahren. Und sie haben den Fall wiedereröffnet wegen der angeblich Verschwundenen die nicht verschwunden sind und von denen außerdem einige noch am Leben sind, wie es auch die Kommunikationsmedien berichtet haben. Zusammengefasst: man hat einen Prozess entgegen jedem geltenden Recht eröffnet und widmet die Aufmerksamkeit einem einzigen Punkt, den ich einen politischen bezeichne.
Man darf nicht vergessen dass der damalige Präsident Belisario Betancur klargemacht hatte, dass es vollkommene Transparenz und Klarheit geben wird und dass er die zuständigen Institutionen instruiert hat, die Vorfälle vom Justizpalast mit aller gebotenen Gründlichkeit zu analysieren und zu untersuchen. Es wurde monatelang daran gearbeitet um die Fakten aufzuklären und ein Sondergericht mit Richtern jeder politischen Richtung hat entschieden, dass die Verantwortung der gesamten kriminellen Handlungen die im Justizpalast vorgefallen sind, einzig der M-19 zuzuschreiben sind, die das Justizgebäude in einer Art Selbstmordaktion eingenommen hat, mit dem Ziel Terror zu verbreiten, was sie ja auch getan hatten.
Gleichzeitig haben sie versichert, dass es keine Verschwundenen gibt, etwas was man heute in Zweifel ziehen will und was der eigentliche Grund dafür ist, dass man uns verurteilt hat. Die Verschwundenen sind im Justizpalast umgekommen, beim Überfall der M-19 und nicht bei den Rettungsaktionen. Die Leichen konnten nicht identifiziert werden, da sie verbrannt waren, es war nicht möglich ihre Identität festzustellen. Man hat begutachtet, dass es zu dieser Zeit 36 Personen gab, deren Körper verbrannt waren und die heute von einigen Familienangehörigen wie Verschwundene reklamiert werden. Man versucht ohne Grundlage einige dieser Opfer so darzustellen als ob sie befreit worden sind und später von den Sicherheitskräften des Staates ermordet und verscharrt wurden.
Das Problem ist, dass die angeblichen Verschwundenen und der darauffolgende Prozess gegen uns von René Guarín Cortés angeführt wird, er ist der Bruder einer angeblichen Verschwundenen und er ist ganz zufällig auch ehemaliger Guerillero, genauer gesagt Mitglied der Gruppe die den Justizpalast überfallen hat. Außerdem wurde er einst festgenommen wegen dem Besitz von Waffen von ermordeten Polizisten und dem Transport eines entführten Industriellen. Dieser Guarin hat die Familienangehörigen der Opfer manipuliert damit sie einige der geretteten Personen als ihre Familienangehörige identifizieren und vor Gericht aussagen, dass sie verschwunden wären. Aber natürlich hat man nachweisen können, dass viele dieser Behauptungen falsch sind und man ist zu dem Schluss gekommen, dass einige Zeugen gelogen haben; man hat den Verurteilten der M-19 mehr Glauben geschenkt als den Militärangehörigen die im Dienst des Staates standen. Später hat man in diesen Verfahren Beweise nicht zugelassen die uns entlasten würden und dafür andere akzeptiert. Gegen jedes geltende Recht, hat man uns Sachverhalte vorgeworfen, die wir nicht begangen haben. Es war definitiv eine Inszenierung um unsere Verurteilung zu rechtfertigen und die Armee wie eine kriminelle Organisation darzustellen.
Und wir dürfen nicht vergessen, dass hinter dieser Verurteilung mit der man versucht die Armee und den kolumbianischen Staat auf höchster juristischer Instanz zu verurteilen, ein Anwaltskollegium steht, das von Alvear Restrepo, das versucht eine Millionenentschädigung zu erlangen, die nicht in seiner Gesamtheit in die Hände der Opfer fließen wird, sondern mit Sicherheit wird ein Teil dieser „Beute“ für die Verteidigung der Verurteilten der Farc verwendet, ein nicht unerheblichen Prozentsatz, den sie theoretisch dem kolumbianischen Staat abnehmen wollen. Es handelt sich um extreme Gruppen mit klaren politischen Zielen, die Verleugnung des kolumbianischen Staates und seiner Armee und es gibt natürlich auch ökonomische Interessen.
Auf der anderen Seite gibt es begründete Zweifel an einigen Zeugen, die nicht glaubwürdig sind, da deren Aussagen voller Widersprüche und Lügen sind. Es handelt sich um drei Zeugen die nicht haltbar waren und einer von ihnen war sogar ein ganz gewöhnlicher Verbrecher. Ein anderer war während der Vorkommnisse in einem Gefängnis. Das waren keine Zeugen die einem ordentlichen Gericht standhalten können, sie hatten politische und ökonomische Interessen. Es waren absolut haltlose Zeugen.
Welches politische Interesse könnte hinter dieser juristischen Aktion gegen die kolumbianische Befehlshaber stecken?
Es geht darum die Regierung und ihre Institutionen, die Sicherheitskräfte und die Armee zu disqualifizieren; es ist die Strategie der extremen Linken und sie ist nicht neu sondern war schon immer in unserem Land präsent. Aber es gibt ein Ziel mit größerer Auswirkung, das darauf abzielt die Armeeangehörigen zu demoralisieren, sodass sie aufhören gegen den Terrorismus zu kämpfen. Wenn sie feststellen, das ihr Handeln ihnen Probleme bringen kann und sie mit der Justiz in Konflikt geraten. Jetzt haben wir nicht nur die Militärbedrohung der Terroristen sondern müssen erwarten, dass man uns vor Gericht stellt, wenn wir gegen die Farc kämpfen und versuchen sie zu vernichten. Es ist ein Kampf auf einer anderen Ebene, den kolumbianischen Staat im In- und Ausland mit politischen und juristischen Mitteln zu bekämpfen.
Das Schlimmste daran ist, dass die Kriminellen der M-19 auf freiem Fuß sind und vom Staat begnadigt wurden. Viele von ihnen sind Teil des politischen Lebens und stehen in vielen kolumbianischen Institutionen in Verantwortung. Ein Mitglied dieser Organisation war sogar Präsidentschaftskandidat ohne sich auch nur für die Dinge die er getan hat, entschuldigt zu haben. Während die Terroristen frei sind werden wir Militärangehörigen, so wir sie bekämpft haben, der schlimmsten Verbrechen beschuldigt.
Die Vorfälle im Justizpalast im November 1985 fanden kurz vor den Wahlen statt. Die Regierungsopposition war daran interessiert mit diesen Vorkommnissen einen politischen Gewinn zu erzielen und die Regierung und Armee auszuhöhlen. Sie wollten eine dauerhafte Debatte über die Vorgehensweise der öffentlichen Streitkräfte bei diesem Vorfall. Die Leute die dahinter stehen, haben eine klare politische Herkunft, abgesehen von den ökonomischen Interessen dem kolumbianischen Staat hohe Entschädigungen bei der Verurteilung seine Funktionäre abzuziehen. Leute die eindeutig der Linken zuzuordnen sind und die sich damit beschäftigen Extremisten zu beschützen, wenn sie verurteilt werden. Ich beziehen mich selbstverständlich auf das Anwaltskollegium Alvear Resptrepo.
Wie kann es sein, dass die Verantwortlichen nicht vor Gericht gestellt wurden und dafür aber die Militärs auf die Anklagebank gerufen wurden?
Der damalige Präsident hat über die angemessenen Kanäle sämtliche Aktionen der Armee autorisiert, als sich ankündigte, dass der Staat in Gefahr war. Die Operation wurde von oberster Stelle befehligt, das wurde niemals von der Exekutive in Frage gestellt. Am selben Tag als die Militäraktionen abgeschlossen wurden und der Justizpalast befreit wurde ging der Präsident vor das kolumbianische Fernsehen und hat landesweit erklärt, dass er die Verantwortung für alle Aktion übernimmt, „ungeachtet der Konsequenzen“, letztlich ist er der Verantwortliche für alle Entscheidungen. Aber auch die verantwortlichen Minister und die Militäroberbefehlshaber die zu dieser Zeit in Führung standen, wurden nicht prozessiert; die Befehle wurden von allerhöchster Instanz gegeben und waren die angemessene Vorgehensweise für eine Notfallsituation, wie wir sie in diesem Moment vorgefunden hatten.
Und weshalb war dieser Sachverhalt nicht zu klären, einschließlich in der Regierungszeit von Präsident Alvaro Uribe?
Es ist offensichtlich, dass der Prozess absichtlich verzögert wurde um zu sehen ob ein politischer Wechsel kommen würde.
Und in wieweit ist der Prozess vorangeschritten?
Wir befinden uns in der Phase des Widerspruchs und der Berufung. Wir haben einige Aspekte die für uns sprechen und der Staatsanwalt hat sich zu unseren Gunsten ausgesprochen. Meine Verteidigung hat bereits die Berufung eingelegt und wir befinden uns in dieser Phase; die Staatsanwaltschaft hat zu meinen Gunsten die Absolution gefordert, begründet durch die vielfältigen Regelwidrigkeiten mit denen der Prozess geführt wurde. Die Argumente meiner Verteidigung wurden im Prozess nicht zugelassen von der Richterin die mich verurteilt hat, und von der ich behaupte, dass sie mehr politische Motive bewegen, denn sie erachtet quasi die Armee aus ihrer Subjektivität heruas als eine kriminelle Organisation.
Haben Ihre Untergeordneten zu jeder Zeit die Befehle beachtet?
Sie haben sich an die vorgegebene Planung gehalten die für eine Operation dieser Art besteht. Wir konnten nicht an die Tür klopfen damit die Guerilla uns aufmacht, sondern mussten Methoden entwickeln um erfolgreiche Mittel zu finden, die Tür aufzubrechen und reinzugehen um immerhin 265 Geiseln zu retten.
Ist es für Sie eindeutig, dass die Verantwortung für diese traurigen Ereignisse einzig der M-19 zuzuschreiben sind?
Ja, aber nicht zu vergessen ist, dass dahinter der Drogenhandel gestanden hat, der das Geld für die Operation bereitgestellt hat und ein eindeutiges Ziel hatte: sämtliche Informationen und Untersuchungsunterlagen zu zerstören, um die Auslieferung der Drogenhändler zu verhindern, etwas wogegen sie sich mit allen Mitteln gewehrt hatten einschließlich dem Mittel der Gewalt. Genau an diesem Tag sollte der Oberste Gerichtshof über die Verabschiedung des Auslieferungsabkommens zwischen Kolumbien und den Vereinigten Staaten von Amerika entscheiden. Die Drogenhändler wollten diesen Prozess verzögern und es war ihnen vollkommen klar, dass die Richter ihre prinzipiellen Gegner waren, und sie hatten diese Richter in wiederholten Situationen bedroht.
Es gibt Beweise und einige Dokumente die diese Bedrohungen bestätigen. Es war zu der Zeit als Drogenhändler meinten, dass ein Sarg in Kolumbien mehr wert wäre als eine Zelle in den Vereinigten Staaten; ihre Feindschaft gegenüber der Justiz war öffentlich und das ließen sie auch in ihren Erklärungen erkennen. Sie haben den Justizminister und weitere Richter ermordet, um die Justizbeauftragten einzuschüchtern und um ihre eigene Auslieferung zu verhindern.
Die M-19 hat Geld aus dem Drogenhandel erhalten um den Justizpalast zu überfallen und sie haben der Order Folge geleistet: die Zerstörung sämtlicher Untersuchungsunterlagen die eine Auslieferung der Drogenhändler zur Folge hätte, aber sie haben eine Feuer entfacht, dass das gesamte Gerichtsgebäude zerstört hat, einschließlich ihrer eigenen Leben. Das Feuer war unmöglich zu löschen und hat alles im Inneren des Justizgebäudes zerstört.
(Übersetzung von Annette Tessmann)